Im Interview mit Daniel Mertins, Geschäftsführer der Codamic Innovations GmbH
Auch nach Jahren der Digitalisierung sind viele mittelständische Unternehmen noch am Anfang ihrer digitalen Agenda. Der Bedarf an Software inklusive der damit verbundenen Sicherheitsanforderungen wächst rapide. Doch die Sicherheit in den Anwendungen wird bei der Programmierung aufgrund von Zeit und Kostendruck oft unterschätzt oder zu spät in Angriff genommen. Dieser Herausforderung stellt sich die Codamic Innovations GmbH seit Jahren. Das Unternehmen hat „Software as a Service“ Anwendungen im Microservice Umfeld entwickelt und das Ziel einer weltweiten Bereitstellung von Software-Unterstützungsleistungen. Dabei geht es also um die automatisierte Softwareentwicklung und die damit beschleunigte und vor allen Dingen sichere digitale Transformation. Im Interview mit Daniel Mertins, Geschäftsführer der Codamic Innovations GmbH sprechen wir heute über Prozessoptimierung durch softwaregestützte Verfahren, häufige Fehler bei der Einführung neuer Software und die nur unzureichende Passgenauigkeit der Applikationen auf die Geschäftsprozesse.
DIGITAL FUTUREmag: Herr Mertins, viele Unternehmen schwören auf standardisierte Software, da hier der Input und das Know-how vieler einzelner Unternehmen und NutzerInnen bereits eingeflossen sei. Ihr Unternehmen geht einen anderen Weg. Was spricht für individuelle Software?
Daniel Mertins: Ob man sich für individuelle oder standardisierte Anwendungen entscheiden sollte, liegt immer am jeweiligen Workflow. Wenn ich einen Standard-Workflow habe, kann ich auch Software von der Stange nutzen. Zum Beispiel ist die Buchhaltung für die Unternehmen in der Regel sehr identisch. Wenn aber die Logistikabteilung eines Konzerns dieselbe Software nutzen soll, wie ein Ein-Personen-Shop über Amazon, unterscheiden sich die Workflows. Bei einer Software von der Stange kauft man auch Funktionen, die man gar nicht benötigt. Außerdem passt man seine Arbeitsweise dieser Software an, obwohl es nicht der ideale Weg wäre, um effizient und sinnvoll seine Ressourcen einzusetzen. Eine individuelle Software kann also die Arbeitsprozesse verbessern und erleichtern, denn sie sind auf das jeweilige Unternehmen zugeschnitten.
DIGITAL FUTUREmag: Ihr Unternehmen bietet unter anderem automatisierte Softwareentwicklung an. Was kann man sich darunter vorstellen?
Daniel Mertins: Unser Unternehmen Codamic Innovations beschäftigt sich seit über 10 Jahren (damals noch unter anderer Firmierung) mit der Entwicklung von Software. Dabei geht es immer darum, mit möglichst wenigen Personen, möglichst viel zu erreichen. Der Fachkräftemangel in der Software-Entwicklung ist groß. Daher legen wir seit jeher viel Wert auf Wiederverwendbarkeit von Code. Das bedeutet aber auch, dass der Code autark sein muss, qualitativ hochwertig, dokumentiert und getestet. Wir haben damals damit begonnen, ein System zu schaffen, welches uns ermöglicht, diese Ansprüche an unseren Code automatisiert in Systeme zu bringen.
Wenn wir die neue Software als Spielfeld betrachten, dann ziehen wir die Linien und stellen die Regeln auf. Es gibt den Ball, die Tore und das Feld. Ball und Tore werden wiederverwendet und ordentlich getestet, der Ball rollt, das Tor ist fest verankert. Diese Eigenschaften müssen regelmäßig, am besten automatisiert, getestet werden. Das Spiel selbst spielen weiterhin die EntwicklerInnen, aber alle Vorgaben sind da, um direkt loszulegen. Das unterscheidet uns auch von No-Code oder Low-Code Systemen. Dort werden alle Komponenten zusammengeklickt, man ist aber durch den Baukasten des No/Low-Code Systems selbst beschränkt. Unser Baukasten lässt sich sozusagen immer wieder mit neuen Modulen auf einfachste Weise erweitern und ergänzen. Ist dann das neue Modul einmal erstellt und getestet, ist es daraufhin wiederum sofort einsetzbar.
DIGITAL FUTUREmag: Bei standardisierter Software gibt es in der Regel monatliche Lizenzkosten und die Updates sind darin enthalten. Wie sieht es bei dem Einsatz von Individualsoftware aus?
Daniel Mertins: Individualsoftware hat bei uns hohe Investitionskosten, danach aber nur einen individuellen Wartungsvertrag. Monatliche Lizenzkosten können je nach System sehr ins Geld gehen. In der Regel hat man auch nicht die eine Lizenz, sondern Lizenzen bei verschiedenen Anbietern. Summiert ergibt sich so eine monatliche Belastung aus Nutzeranzahl mal Basisbetrag plus extra Module. Einmal abgelöst kann sich eine Individualsoftware nach ein paar Monaten oder wenigen Jahren rechnen.
DIGITAL FUTUREmag: Inwiefern ist es mit Individualsoftware möglich, auch an bestimmten Stellen Standardsoftware zu integrieren bzw. passende Schnittstellen bereitzustellen?
Daniel Mertins: Wir haben viele Anwendungsfälle, in denen ein anderes System im Hintergrund mitarbeitet. Zum Beispiel SAP, Salesforce und eine unserer Partnerfirmen, die eine Low-Code Lösung anbieten und an die sich unsere Individuallösung andockt. Kurz gesagt, man kann also jede erreichbare Schnittstelle anbinden.
DIGITAL FUTUREmag: Gehen wir an dieser Stelle einmal verstärkt auf das Thema Prozessoptimierung ein. Wenn Firmen beginnen, die digitale Transformation wirklich umzusetzen, müssen auch die Prozesse neu überdacht werden. Wann kommt Ihr Unternehmen ins Spiel und wie unterstützen Sie die Firmen bei der digitalen Transformation?
Daniel Mertins: Wir begleiten die Unternehmen bei Bedarf direkt beim Start. Das ist wichtig, denn mit neuen Technologien kommen neue Möglichkeiten. Wenn ich das Fax einfach durch die E-Mail ersetze, habe ich nichts gewonnen. Wenn ein Kunde aber seine Bestellung direkt über das Handy in mein Warenwirtschaftssystem bringt, welches einen Prozess auslöst (Rechnungserstellung, Kontierung, Versand, (Ausfuhr-)Belege), dann wird es spannend. Unternehmen wissen aber oft nicht, was technisch alles möglich ist. Hier sind wir gefragt. Auch innerhalb einer Organisation sind viele Optimierungen möglich. Das reicht von unternehmensweiten, datenschutzkonformen Single-Sign-On Lösungen (einmal anmelden, alle Systeme nutzen) über digitale Dokumentenablage oder eben bis zum integrierten Warenwirtschaftssystem.
DIGITAL FUTUREmag: Viele mittelständische Unternehmen beginnen mittlerweile auch im Bereich E-Commerce, ihre Fühler auszustrecken. Inwiefern können Sie diese Entwicklung unterstützen?
Daniel Mertins: E-Commerce ist ein weites Feld. Wir müssen als erstes das Ziel der KundInnen definieren. Darauf baut sich auf, ob überhaupt eine Individuallösung benötigt wird. Wir müssen prüfen, welche Prozesse sich digitalisieren lassen. Ein Beispiel für eine individuelle Lösung findet man im Bereich der Druckerzeugnisse. Ein eigenes Bild auf eine Tasse drucken? Das erzeugt einen größeren Prozess: Eingaben der KundInnen, Qualitätsmanagement, Druck, Kontrolle, Versand. Hier ist eine Individuallösung sehr wahrscheinlich. Dazu kommen bei der Entwicklung von E-Commerce Plattformen einige Punkte, die nicht nur Software-EntwicklerInnen erfordern. Andere ExpertInnen aus den Bereichen User-Experience, Design, Rechtsberatung und viele andere sind mit im Boot. Hier haben wir ein professionelles Netzwerk an Partnerfirmen, um alle Bereiche sauber abdecken zu können und das Komplettpaket für unsere KundInnen bereitstehen zu haben.
DIGITAL FUTUREmag: Ihr Unternehmen ist auch auf dem DIGITAL FUTUREcongress am 17. Mai in der Messe Frankfurt vertreten. Uns interessiert natürlich, was die Besucherinnen und Besucher bei Ihrem Vortrag erwarten dürfen.
Daniel Mertins: Wir werden Lösungen besprechen, mit denen KMU’s zu ihrer Individualsoftware kommen. Die Möglichkeiten No-Code, Low-Code und die automatisierte Entwicklung von Software werden näher beleuchtet, sowie Vor- und Nachteile gegenübergestellt. Außerdem zeigen wir einige Lösungen, die wir bei KundInnen implementiert haben, um Alt-Systeme schnell und effektiv abzulösen.
DIGITAL FUTUREmag: Wir sind schon sehr gespannt auf Ihre weiteren Ausführungen auf dem DFC sowie die Best Practices. Vielen lieben Dank für das spannende Interview.
Hinweis der Redaktion: Was sind Microservices?
Microservices sind kleine modulare Komponenten (Services), aus denen zum Teil große Anwendungen zusammengesetzt werden. Diese einzelnen Module erfüllen dann bestimmte Aufgaben, wie zum Beispiel einen Anmeldeprozesses des Users in einer Anwendung oder Kontaktherstellung auf einer Plattform. Entwicklungen im Microservices-Umfeld bedeuten dementsprechend, dass einzelne Services unabhängig voneinander entwickelt werden, damit Sie zu einem späteren Zeitpunkt unabhängig voneinander wieder verwendet werden können.