Sind Innovationen mit KI-Unterstützung patentfähig? Wem gehört das Patent?

Sind Innovationen mit KI-Unterstützung patentfähig? Wem gehört das Patent?

Im Interview mit Dr. Malte Köllner von Köllner & Partner mbB, Patentanwälte.

In der technologiegetriebenen Business-Welt ist der Einsatz von künstlicher Intelligenz (KI) längst keine Seltenheit mehr. Von ChatGPT bis hin zu fortschrittlichen Überwachungssystemen und Simulationssoftware gibt es zahlreiche Applikationen, die auf sogenannter Artificial Intelligence basieren. Doch wie steht es um
den Schutz solcher Tools durch Patente? Dazu sprachen wir mit dem renommierten Patentanwalt Dr. Malte Köllner, der umfassende Beratung und Services in allen juristischen Bereichen des Patent-, Marken- und Designrechts bietet. Die Expertise seiner Kanzlei deckt ein breites Spektrum an naturwissenschaftlichen Gebieten ab, insbesondere mit Fokus auf Technik, Optik, Digitales und KI/Maschinelles Lernen. 

Besonders geschätzt wird deren Know-how in der Ausarbeitung von Patentansprüchen, einschließlich mechanischer, chemischer, computerimplementierter und softwarebezogener Erfindungen. Dabei legt man großen Wert auf eine transparente Kostenstruktur. Im Interview unterhalten wir uns über die Herausforderungen und Chancen beim Schutz von KI-Anwendungen sowie darüber, wie Patentspezialisten dabei unterstützen können, entsprechende Schöpfungen gesetzeskonform verwertbar zu machen.

DIGITAL FUTUREmag: Dr. Köllner, vielen Dank, dass Sie sich Zeit für dieses Gespräch nehmen. Um gleich einzusteigen: Künstliche Intelligenz ist bereits geschäftlich, aber auch privat im aktiven Gebrauch. Welche sind Ihrer Meinung nach die wichtigsten Voraussetzungen, die eine KI-Anwendung erfüllen muss, um patentierbar zu sein?

Dr. Malte Köllner: Insbesondere das Europäische Patentamt hat hierzu eine Richtlinie herausgegeben. Als rein abstrakte mathematische Verfahren sind KI-Anwendungen nicht schützbar. Die Schlüsselworte für einen Schutz lauten „technischer Zweck“ und „technische Umsetzung“. Um dies mit einem Beispiel zu verdeutlichen: die Verwendung eines neuronalen Netzes in einem Herzüberwachungsgerät zum Identifizieren unregelmäßiger Herzschläge würde einen technischen Zweck erfüllen. Die Klassifizierung von Textdokumenten nach ihrem Inhalt würde keinen technischen Zweck erfüllen im Sinne der Richtlinie des Europäischen Patentamts.

Man muss sich daran erinnern, dass das Patentrecht für die traditionelle Technik geschaffen worden ist. Traditionelle Technik ist Physik, Chemie, Maschinenbau, etc., also Dinge, die etwas mit der physischen Welt zu tun haben. Unter „technischer Umsetzung“ versteht das Europäische Patentamt zum Beispiel die Nutzung von Sensordaten, die Steuerung eines technischen Systems oder die besonders effiziente Nutzung einer Hardware, etwa einer CPU in Verbindung mit einer Grafikkarte: welche Teile der Berechnungen werden von der CPU vorgenommen und welche von der Grafikkarte?

DIGITAL FUTUREmag: Angesichts der vielfältigen KI-Nutzung, gibt es bestimmte Herausforderungen, denen Unternehmen in Bezug auf den Patentschutz von KI-Technologien gegenüberstehen?

Dr. Malte Köllner: Wenn ein Unternehmen eine KI-Anwendung entwickelt und auf den Markt bringen will, sind die Herausforderungen eigentlich vergleichbar mit der Entwicklung einer Software-Anwendung, wie wir es seit Jahren kennen. Software ist teilweise patentierbar, teilweise auch nicht. Das gleiche gilt für KI-Anwendungen. Man muss sich daher jeden Einzelfall anschauen. Schwieriger sind Fragen zu beantworten, wenn die KI selbst etwas erzeugt, also eine generative KI, die eine Erfindung hervorbringt.

DIGITAL FUTUREmag: Welche spezifischen Schritte unternehmen Sie, um zu gewährleisten, dass die KI-Angebote Ihrer Mandanten angemessen “wasserdicht” sind?

Dr. Malte Köllner: Bei der Entwicklung von KI-Systemen oder -Anwendungen gehen wir den üblichen Weg: wir prüfen, ob Patentschutz erlangt werden kann. Lässt sich diese KI-Anwendung patentieren oder nicht? Und natürlich die Frage der Neuheit, also ob vielleicht schon jemand anderes etwas ähnliches gemacht hat. Hat die KI selbst eine Erfindung generiert, stellen sich Fragen, die sich bisher nicht gestellt haben. Dazu zählt die Frage, wer denn als Erfinder infrage kommt. Schließlich ist die Rechtslage praktisch weltweit so, dass eine natürliche Person als Erfinder benannt werden muss selbst in dem Fall, dass eine Maschine die Erfindung generiert hat. Ferner stellen sich dann fragen der Erfindervergütung. Was ist in einem solchen Fall angemessen?

DIGITAL FUTUREmag: In Bezug auf die Ausarbeitung von Patentansprüchen, welche Aspekte müssen, u.a. bei völlig neuen KI-Verfahren, berücksichtigt werden? Gibt es bei Ihnen besondere Strategien, um deren Patentierbarkeit zu maximieren?

Dr. Malte Köllner: Das Formulieren von Patentansprüchen ist ein komplexes Handwerk. Ein Patentanspruch für eine KI-Anwendung muss den technischen Zweck und die technische Umsetzung in den Vordergrund stellen. Es müssen also die technischen Aspekte besonders betont werden. Das ist aber nicht alles: es bedarf auch eines gründlichen Vergleichs mit dem, was als Stand der Technik bereits bekannt ist. Der Patentanspruch muss demgegenüber neu und erfinderisch sein. Über all dem schwebt aber noch die Nebenbedingung, dass der Patentanspruch wirtschaftlich maximal werthaltig sein soll. Wirtschaftliche Werthaltigkeit wird durch die Befriedigung von Kundenbedürfnissen erzielt. D.h. der Patentanspruch muss idealerweise auf etwas gerichtet sein, was zentrales für die Befriedigung eines Kundenbedürfnisses ist. Der Patentanspruch darf aber nur auf eine technische Lehre gerichtet sein. Die Kunst besteht also darin, diejenige technische Lehre zu identifizieren, die unumgehbar ist, zur Befriedigung eines bestimmten Kundenbedürfnisses.

DIGITAL FUTUREmag: Ein transparentes Tarifmodell und verbindliche Festpreise sind für viele Ihrer Auftraggeber entscheidend. Wie unterstützen Sie Unternehmen bei der Kostenplanung für den Schutz ihrer KI-Innovationen durch Patente?

Dr. Malte Köllner: Wir können die zu erwartenden Kosten stets voraus planen und zur Verfügung stellen. Wir können für Projekte wie einer Patentanmeldung oder einer Patentanmeldung in einem bestimmten Land im Ausland stets eine Gesamtkalkulation vorlegen und auch Festpreisangebote machen. Die Mehrheit unserer Mandanten zieht ein Festpreisangebot eine Abrechnung nach Stunden vor.

DIGITAL FUTUREmag: Welche Rolle spielen internationale Patente im Kontext etwa von wirklich bahnbrechenden KI-Technologien? Können Sie dazu konkrete Best Practice-Beispiele oder vielleicht auch eigene Referenzen nennen?

Dr. Malte Köllner: Eine wirklich bahnbrechende KI-Technologie werden die meisten Unternehmen nicht nur in Deutschland und auch nicht nur in Europa schützen lassen wollen. In einem solchen Fall wird ein Schutz in den großen Industrieländern sinnvoll sein. Dazu zählen sicherlich die USA, China, Japan und Südkorea. Die Bedingungen, unter denen in den genannten Ländern KI-Anwendung geschützt werden können, unterscheiden sich von Land zu Land. Gemeinsam ist diesen Ländern jedoch, dass die technischen Aspekte der KI-Anwendung in den Vordergrund gestellt werden sollte. Dazu zählt insbesondere der technische Zweck.

DIGITAL FUTUREmag: Wir bedanken uns für diesen sehr spannenden, inspirierenden Austausch.

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