TRANSFORMING THE CITY - VERWALTUNGSDIGITALISIERUNG

TRANSFORMING THE CITY - VERWALTUNGSDIGITALISIERUNG

Interview mit Jürgen Pruss, Chief Technology Officer Government bei Dell Technologies Deutschland und Experte für die Entwicklung strategischer IT-Lösungen für die öffentliche Hand, zum Thema Anforderungen an das eGovernment, die Digitalisierung von Verwaltung und Schule (K12) und die Unterstützung der Behörden mit modernen IT-Infrastrukturen.

Die Erwartungen an die öffentliche Verwaltung in Sachen Digitalisierung sind in den letzten Jahren stetig gestiegen. Spätestens nach der Beobachtung der Bundestagswahl und der darin immer wieder angekündigten Erneuerung des Staates ist vielen Menschen bewusst, dass die Digitalisierung der Verwaltung dringender denn je ist. Andere Länder sind uns hier zum Teil weit voraus. Mit der digitalen Transformation von Städten und Kommunen ist auch eine Kosteneinsparung sowie eine höhere Zufriedenheit der Bürgerinnen und Bürger möglich. Im Interview mit Jürgen Pruss, sprechen wir heute über Videosprechstunden, den Abbau der Bürokratie, Digitalisierungsmaßnahmen und die Optimierung der Behördenprozesse.

DIGITAL FUTUREmag: Die meisten Menschen verbinden die öffentliche Verwaltung in Deutschland nach wie vor mit kurzen Öffnungszeiten, langen Warteschlangen und umfangreichen Papierformularen. Wie schätzen Sie den aktuellen Digitalisierungsgrad im öffentlichen Bereich ein?

Jürgen Pruss: Deutschland ist nach wie vor einer der Nachzügler bei der Verwaltungsdigitalisierung. Innerhalb der EU stehen wir ziemlich abgeschlagen auf einem der hinteren Plätze. Aber das heißt nicht, dass der öffentliche Sektor nicht dazu in der Lage wäre. In der Pandemie haben deutsche Behörden vielfach bewiesen, wie schnell sie Prozesse und Strukturen digitalisieren können. Auch darüber hinaus machen Länder und Kommunen gute Fortschritte bei der Umsetzung des Onlinezugangsgesetzes (OZG). So können Schülerinnen, Schüler und Studierende seit September BAföG-Leistungen über einen digitalen Assistenten beantragen.

Durch das sogenannte „Einer für Alle“-Prinzip werden digitale Services zudem schneller flächendeckend verfügbar, indem sie in einem Bundesland entwickelt und dann allen Ländern und Kommunen zur Nutzung angeboten werden. Den aus der Pandemie entstandenen Digitalisierungsschwung sollten wir jetzt mitnehmen, um die noch bestehenden Defizite zu beseitigen und den Bürgerinnen und Bürgern endlich flächendeckende Online-Services zu bieten und Arbeitsabläufe effizienter zu gestalten.

DIGITAL FUTUREmag: Wo sehen Sie den größten Mehrwert einer digitalen Kommune – für die Bürger, aber auch für Unternehmen vor Ort?

Jürgen Pruss: Selbst langjährige Digitalmuffel zücken heute geübt das Smartphone, um via QR-Code im Restaurant die Speisekarte abzurufen oder bei einer Veranstaltung einzuchecken. Damit sind auch die Erwartungen an digitale Services in der öffentlichen Verwaltung gestiegen. Wer ganz selbstverständlich mit Kolleginnen und Kollegen remote zusammenarbeitet und die Videosprechstunde dem Gang in die Praxis vorzieht, möchte nicht mehr persönlich in einer Behörde erscheinen müssen, um sich oder sein Fahrzeug umzumelden.

Eine digitale Verwaltung bedeutet für die Bürgerinnen und Bürger eine erhebliche Erleichterung im Behördenalltag, wenn sie nicht mehr an Öffnungszeiten gebunden sind und ihre Amtsgänge quasi von überall erledigen können. Gerade für die ländliche Bevölkerung oder Menschen mit Behinderungen ist das ein Gewinn. Auf Unternehmensseite können vor allem kleine und mittelständische Firmen von einer Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung profitieren – beispielsweise indem langwierige Bürokratie abgebaut, digitale Services und eine zukunftsfähige Datenpolitik etabliert wird.

DIGITAL FUTUREmag: Je länger man über das Thema Digitalisierung nachdenkt, desto komplexer und schwieriger scheint es zu werden. Wo sehen Sie die wichtigsten Stellschrauben und Handlungsfelder, damit wir hier endlich vorankommen?

Jürgen Pruss: Ich sehe fünf Handlungsfelder, damit die Digitalisierung der Kommunen gelingt: die IT-Infrastruktur, die Software, die Daten, die IT-Sicherheit und die MitarbeiterInnen. Als IT-Unterbau bieten sich vor allem hybride Infrastrukturen, Software-defined Datacenter und offene Plattformen an. So sorgen Behörden dafür, dass sich einmal entwickelte Lösungen gut anpassen und in anderen Verwaltungen einsetzen lassen. Der ständig wachsende Daten-Pool in öffentlichen Händen ist zudem ein potenzielles Angriffsziel für Cyberkriminelle und muss daher konsequent abgesichert werden. Eine moderne IT-Infrastruktur kann effizienter geschützt werden als veraltete Systeme. Dabei wiederum hilft ein mehrstufiges Cybersecurity-Konzept, das sowohl primäre als auch Daten in Backup-Systemen im Blick hat.

DIGITAL FUTUREmag: Das klingt nach viel Arbeit. Wie sollen dauerklamme Kommunen so große Vorhaben und Projekte finanzieren?

Jürgen Pruss: Auch wenn angesichts des andauernden finanziellen Drucks konsolidiert und gespart werden muss, sollten Kommunen sich stets vor Augen führen, dass die Aufwendungen für die Digitalisierung die beste Investition in die Zukunft sind, weil sie mittel- bis langfristig einen erheblichen Beitrag zur Effizienz von Arbeitsabläufen und Bürgerservices leisten. Zudem werden Digitalisierungsvorhaben mit Mitteln aus deutschen und EU-weiten Konjunkturpaketen unterstützt.
Experten gehen davon aus, dass zwischen zehn und 15 Prozent der in Deutschland verfügbaren Gelder in Digitalisierungsmaßnahmen fließen werden – nicht ausschließlich, aber vor allem im öffentlichen Sektor.

Umso wichtiger ist es, dass öffentliche Verwaltungen jetzt aktiv werden und diese finanzielle Unterstützung für die Beschleunigung der digitalen Transformation ihrer Dienstleistungen auch nutzen. Wenn Kommunen Unterstützung bei der Ermittlung der Förderfähigkeiten und Fördermittel benötigen, stehen wir ihnen helfend zur Seite.

DIGITAL FUTUREmag: Wir würden uns wünschen, dass möglichst viele ihrer Vorstellungen möglichst bald in Erfüllung gehen. Vielen Dank für dieses Interview.

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