Im Interview mit Süleyman Karaman, Geschäftsleitung Deutsche Glasfaser Business
Deutsche Glasfaser Business ist der Glasfaserspezialist für Geschäftskunden und Kommunalverwaltungen. Auf Basis zukunftssicherer Glasfaser-Direktanschlüsse bis ins Gebäude bietet das Unternehmen optimierte Internetdienstleistungen für Firmen jeglicher Größe und kommunale Liegenschaften. Die Services reichen von der Bereitstellung von Glasfaseranschlüssen über die Versorgung mit Internet- und Telefonie-Angeboten, Standortvernetzungen, Cloud-Anbindungen, intelligente Mehrwertdienste in und aus eigenen Rechenzentren bis hin zum Anschluss von Mobilfunkmasten. Darüber hinaus gehören standardisierte Vorleistungen für andere Netzbetreiber auf Basis der Ethernet-Technologie zum Portfolio. Rechenzentren in Deutschland gewähren höchste Sicherheits- und Datenschutzstandards. Zusammen mit dem individuellen Support ermöglicht dies ein effektives Arbeiten im digitalen Zeitalter. Mit Süleyman Karaman sprechen wir heute über den Ausbau der Glasfaserinfrastruktur hierzulande, deren Bedeutung für die deutsche Wirtschaft und wagen einen Ausblick in die Zukunft der Glasfaseranbindung sowie der damit verbundenen Möglichkeiten.
DIGITAL FUTUREmag: Deutschland hinkt den europäischen Nachbarn bei der Digitalisierung in weiten Bereichen hinterher. Beim Glasfaserausbau ist das nicht anders. Während dieser in Schweden bei mittlerweile 73 % liegt und selbst in Spanien bei 69,7 %, kommen wir in der BRD einfach nicht voran und erreichen gerade einmal 4,7 %. Was ist Ihrer Meinung nach der Grund dafür?
Süleyman Karaman: Es ist richtig, dass in Deutschland die Dichte an reinen Glasfaseranschlüssen in den Unternehmen und Haushalten noch viel zu niedrig ist. Wir schauen in der Entwicklung aber auch auf andere Zahlen und da sieht man, dass Deutschland beim Ausbau beschleunigt. Für die Periode von September 2019 bis September 2020 sieht das FTTH Council Deutschland bei 39 Ländern in Europa unter den drei am schnellsten wachsenden Staaten, wenn es um das absolute und prozentuale Wachstum von FTTH- und FTTB-Anschlüssen geht. Es ist wichtig, dass wir hier schnell vorankommen, denn es geht nicht nur um Surfgeschwindigkeiten, sondern auch um die gesellschaftliche und demokratische Teilhabe, Wirtschaftsstärke, Lebensqualität und Wohlstand, den die Glasfaserversorgung bringt. Als Digital-Versorger der Regionen stehen wir seit beinahe zehn Jahren für den Ausbau des reinen Glasfasernetzes vor allem dort, wo der Bedarf am größten ist – abseits der Ballungsräume.
DIGITAL FUTUREmag: In Deutschland hat man das Gefühl, dass 5G Vorrang vor Glasfaserausbau hat. Können Sie das bestätigen?
Süleyman Karaman: Nein, das können wir nicht bestätigen. Beide Technologien decken unterschiedliche Anwendungsfelder ab und ergänzen sich. Dabei hängt 5G von Glasfaseranbindungen ab, denn die Mobilfunkmasten müssen durch schnelle Leitungen erschlossen werden, um die großen Datenmengen im sogenannten Backhaul der Netze transportieren zu können. Glasfaser bis ins Haus und bis in den Betrieb ist ohne Zweifel die schnellste, zuverlässigste und belastbarste Technik, um die Möglichkeiten der Digitalisierung in vollem Umfang nutzen zu können. Insbesondere für Geschäftskunden wird die Glasfaser immer mehr zu einer unverzichtbaren Infrastruktur.
DIGITAL FUTUREmag: Ihr Unternehmen sucht die Zusammenarbeit mit anderen Anbietern, wie jüngst mit 1&1 Versatel. Was ist Ihr Antrieb dabei?
Süleyman Karaman: Die Glasfaser ist die Infrastruktur, die die digitale Transformation von Unternehmen auch in den kommenden Jahren ermöglicht. Die Technologie sichert die Zukunftsfähigkeit des Wirtschaftsstandortes Deutschland als Flächenstaat. Firmen, die oft Weltmarktführer sind und noch öfter der wichtigste Arbeitgeber einer Region, haben sich eben auch in der Wesermarsch, dem Siegerland und der Pfalz angesiedelt. Deutsche Glasfaser und 1&1 Versatel sind zwei etablierte Netzbetreiber, die ein gemeinsames Ziel verfolgen: Den digitalen Wandel gerade auch der deutschen Wirtschaft voranzutreiben. Wir freuen uns, mit der neuen Kooperation einen Beitrag zu einem sinnvollen Netzausbau zu leisten. So funktioniert die Digitalisierung unserer Ökonomie effizient und ressourcenschonend.
DIGITAL FUTUREmag: Als Ausrichter der dikomm - Zukunft digitale Kommune veranstalten wir eine Kongressmesse zum Thema Digitalisierung im öffentlichen Sektor bzw. in Städten und Gemeinden. Glasfaser scheint bei vielen Verwaltungen offenbar noch immer nicht im Fokus zu sein. Welche Unterstützung wünschen Sie sich hier von der Bundesregierung?
an Karaman: Wir machen bei unserer Arbeit vor Ort in den allermeisten Fällen eine andere Erfahrung. Die Unternehmensgruppe Deutsche Glasfaser baut das digitale Bürgernetz und als Geschäftskunden-Marke bringen wir schnelle Internetanschlüsse in die Gewerbegebiete. Dabei erleben wir BürgermeisterInnen und WirtschaftsförderInnen in der überwiegenden Mehrheit als Fürsprecher für die Technologie und die Kooperationsverträge, die wir mit Kommunen schließen, helfen beim Ausbau für Geschäfts- und Privatkunden. Die Pandemie hat dabei die Bedeutung der Glasfaseranschlüsse für Schulen, aber auch für die Arbeitsfähigkeit der Menschen im Home-Office deutlich aufgezeigt.
Von der Bundesregierung wünschen wir uns, dass der Abbau all der großen und kleinen Hürden für den schnellen Glasfaserausbau nun ganz oben auf der Agenda steht. Erstens wünschen wir uns, dass der eigenwirtschaftliche Ausbau tatsächlich effektiv priorisiert wird, weil er schneller als der geförderte Ausbau ist und Kommunen mit dem größten tatsächlichen Bedarf auch zuerst bedient. Zweitens sollte das Hauptaugenmerk bei Förderungen ganz klar auf den weißen Flecken liegen, von denen viele immer noch auf einen Anschluss warten (müssen). Und drittens hängt der Fortschritt beim Glasfaserausbau ganz entscheidend davon ab, dass Genehmigungsverfahren deutlich schneller und effizienter werden. Neben der Bundesregierung sind in unserem föderalen System hier jedoch alle Ebenen gefordert.
DIGITAL FUTUREmag: Für viele Unternehmen ist eine schnelle Internetanbindung essenziell. Gerade auch im Medizinbereich geht hier ohne Glasfaser nichts. Welche wichtigsten Anwendungsgebiete sehen Sie für die Nutzung von Glasfaser und damit verbundene Geschäftsmodelle?
Süleyman Karaman: Alle Geschäftsmodelle profitieren von der Glasfaseranbindung und sei es, dass die Heimarbeitsplätze in hybriden Arbeitsmodellen dann am besten angebunden sind. Der medizinische Bereich ist ein sehr gutes Beispiel für die Bedeutung der Glasfaser. In Deutschland haben wir uns jahrzehntelang kaum Gedanken über die Arbeit von Laboren gemacht, die im Hintergrund agieren, wenn wir beim Arzt Blut abgenommen bekommen. Durch die Corona-Tests standen sie auf einmal im Zentrum der Aufmerksamkeit und waren plötzlich auf leistungsfähige digitale Infrastruktur angewiesen, um schnell Ergebnisse liefern zu können. Unser Kunde Bioscentia Healthcare war unter anderem wegen seiner schnellen Glasfaseranbindung in der Lage, bis zu 75.000 Proben am Tag zu bearbeiten. In den Regionen abseits der Ballungsräume, auf die wir uns konzentrieren, ermöglicht eine Glasfaserinfrastruktur häufig auch Sprechstunden oder Therapiesitzungen über Video. Wegen des demografischen Wandels und des Ärztemangels auf dem Land ist das nicht nur in COVID-19-Zeiten ein immer wichtigerer Faktor für PatientInnen.
DIGITAL FUTUREmag: Cloud-Technologie ist weiter auf dem Vormarsch. Viele Unternehmen wollen die Migration zentraler Anwendungen und Daten in die Cloud. Welche anderen Lösungen sind bedeutsam und wie unterstützen Sie Unternehmen bei diesen Herausforderungen?
Süleyman Karaman: Ein sehr wichtiges Thema im Zusammenhang mit der Cloud ist die Sicherheit, weil unternehmenskritische Anwendungen ebenfalls von zuhause funktionieren müssen, auch über die Pandemie hinaus. Wir bieten unseren Glasfaser-KundInnen Ende-zu-Ende-Sicherheit auf der Glasfaserleitung und im Rechenzentrum. Eine interessante Lösung für Unternehmen aller Größen ist die vTK, eine virtuelle Telefonanlage, mit der Sprachdienste parallel über die Cloud bereitgestellt werden können. Einer der größten Vorteile dabei ist, dass die vTK mit dem Unternehmen mitwächst. Es stehen immer so viele Telefonanschlüsse zur Verfügung wie nötig. Das ist mit einer klassischen Telefonanlage nicht möglich.
DIGITAL FUTUREmag: Die aktuelle Ausgabe dreht sich um Digitales Lernen. Warum ist Glasfaser etwa in der digitalen Kommunikation, Stichwort Arbeit 4.0 beispielsweise in hybriden Arbeitsmodellen, aber auch bei Telekommunikation und Weiterbildung so ausschlaggebend?
Süleyman Karaman: Weil nur die Glasfaser eine unterbrechungsfreie, breitbandige Kommunikation ermöglicht, wie sie exemplarisch für Videoinhalte besonders relevant ist. Große Datenmengen müssen schnell übertragen werden, damit Online-Unterricht, -Vorlesungen, -Meetings und -Events in Echtzeit erlebbar sind und in dieser Hinsicht keinen Nachteil gegenüber einer Präsenzveranstaltung haben.
Die Digitalisierung kann dadurch auch zur Lösung anderer Probleme beitragen. Wenn eine Universität zum Beispiel aus München ihre Lehrveranstaltungen online in hoher Qualität anbieten kann, dann muss ich als Studierender nicht mehr unbedingt teuren Wohnraum in der bayerischen Landeshauptstadt suchen, um dort meinen Abschluss zu machen. Die Pandemie hat zudem gezeigt, dass sich durch mehr Home-Office die Pendlerströme abschwächen.
DIGITAL FUTUREmag: Zum Schluss noch einen Ausblick in die Zukunft: Welche Entwicklung sehen Sie in den nächsten 5-10 Jahren bei der nationalen Digitalisierung gerade auch im Hinblick auf die Aspekte Glasfaser, schnelles Internet und damit verbundenen Möglichkeiten?
Süleyman Karaman: In der vergangenen Dekade haben wir immense Fortschritte in der Digitalisierung erlebt. Diese Entwicklung wird sich fortsetzen, weil es neue Anwendungen geben wird, die den Menschen einen Mehrwert bieten. Gerade für die ländlichen Regionen werden wir künftig Lösungen für heute noch akute Probleme sehen, etwa in der Gesundheitsversorgung und in der Bildung. Das erfordert im Gegenzug die nötige leistungsfähige Infrastruktur. Schon bis Ende 2025 wird die Unternehmensgruppe Deutsche Glasfaser allein weitere drei Millionen Haushalte an das Glasfasernetz angeschlossen haben. Dadurch bieten wir nicht zuletzt auch Unternehmen die Möglichkeit, sich auch in kommender Zeit abseits der Ballungsräume anzusiedeln.
DIGITAL FUTUREmag: Ganz herzlichen Dank für dieses wirklich sehr spannende Interview!