Digitalisierung - Der Mensch muss im Fokus stehen

Digitalisierung - Der Mensch muss im Fokus stehen

Im Interview mit Fabian Schaub und Kevin Welter, Geschäftsführer der HumanITy GmbH

Die HumanITy GmbH beantwortet die Frage, wie Mittelständler sich fit für die Zukunft machen. Das bedeutet die Entwicklung von sehr leistungsfähigen Organisationen, die mit Freude, Sinn und Leidenschaft effektive Ergebnisse liefern. Damit das möglich ist, braucht es sowohl Social Leadership als auch Digital Excellence. Die wichtigste Erfahrung der Gründer Fabian Schaub und Kevin Welter aus Multi-Millionen-Projekten in Big Playern wie Deutsche Bahn, EnBW oder Deutsche Telekom lautet: Der Mensch muss im Fokus stehen. HumanITy kombiniert strategische Beratung und Coaching mit der „Ärmel-Hoch”-Mentalität eines Handwerksunternehmens. Mit den beiden CEOs sprechen wir heute über die Digitalisierung des Kundenmanagements und moderne MitarbeiterInnen-Führung.

DIGITAL FUTUREmag: Herr Welter, große Konzerne haben viel Geld, um auch Digitalisierungsprojekte voranzubringen. Hier hat man oft den Eindruck, dass der Mensch nicht wirklich im Zentrum der Ambitionen steht. Welche Erfahrungen bringen Sie aus der Arbeit mit Wirtschaftsriesen mit, die für die Entwicklung im Mittelstand und bei kleineren Unternehmen hilfreich sein kann?

Kevin Welter: Es wird sofort mit erheblichen Investitionen und großer Man Power in Projektform gestartet. Im größten europäischen Digitalisierungsprojekt aus 2016 hatten wir innerhalb von einem Jahr ein Projektteam aus 400 Mitarbeitenden mit rund 60 Führungskräften. Wir mussten erleben, dass durch fehlendes Vertrauen Entscheidungen hinausgezögert und langsam getroffen wurden. Die Strategie war „eigentlich“ klar und trotzdem entwickelten sich hunderte zwischenmenschliche Konflikte. Salopp gesagt stinkt der Fisch immer vom Kopf her. Die Geschäftsführung hat Konflikte unter den Vorgesetzten akzeptiert, anstatt sie zu lösen. Durch fehlende Ergebnisse und schlechte Qualität hat sich der Druck stetig erhöht und eine Abwärtsspirale kam in Gang.

Heute arbeiten wir zuerst mit der Geschäftsführung an einer starken Führungsgruppe und beginnen Projekte danach mit einem schlagkräftigen motivierten Team aus bis zu 10 Personen. Durch kundennahe Entwicklung in kurzen Iterationen und komplette Transparenz in die Organisation, nehmen wir die Angst vor der Veränderung bei der Belegschaft, die nicht im Projektteam mitwirkt. Viel Geld und viele Ressourcen verleiten dazu, eine Menge „unnötiger“ Dinge gleichzeitig zu tun. GeschäftsführerInnen im Mittelstand hingegen können Entscheidungen mutiger treffen, effektiver und flexibler agieren. Dadurch haben sie häufig sogar einen Wettbewerbsvorteil gegenüber Konzernen.

DIGITAL FUTUREmag: KMU achten sehr stark auf Effizienz, Kostenkontrolle und nur wenige gehen den Weg der Innovation und kombinieren diesen mit zielgerichteter Digitalisierung. Was ist Ihre grundsätzliche Empfehlung für EntscheiderInnen im Mittelstand?

Kevin Welter: Stellen Sie sich vor, Sie müssen in 30 Jahren Ihre heutigen Entscheidungen vor Ihrem Kind oder Enkelkind erklären. Wie würden Sie dann jetzt agieren? Welche Entscheidungen sind heute notwendig, damit das Unternehmen und die Arbeitsplätze in 30 Jahren noch gesichert sind? Das verändert die Perspektive. Innovation entsteht vor allem dann, wenn Menschen sich sicher fühlen und Freiraum haben. Oft arbeiten wir unter Druck, um Zahlen zu erreichen. Die Frage ist: Geht es gerade ums Überleben oder können wir kurzfristig auf Umsatz verzichten, um uns zukunftsfähig aufzustellen? Was würde passieren, wenn Ihre besten zehn Mitarbeitenden 30 Arbeitstage Zeit hätten, um über die Zukunft der Firma nachzudenken?

DIGITAL FUTUREmag: Spannende Idee! Bevor man mit einer Beratung beginnt, steht die Analyse. Wie gehen Sie hier vor?

Kevin Welter: Wir hören zu und stellen Fragen. Die Mitarbeitenden und Führungskräfte wissen meistens genau, was nicht rund läuft und kennen häufig sogar gute Lösungswege. Wir führen Interviews um zu verstehen, wie das Unternehmen tickt. Welche ungeschriebenen Regeln es gibt und wo gerade richtig Sand im Getriebe ist. Am liebsten reden wir mit den Leuten, die unserer Arbeit gegenüber am skeptischsten sind. Oftmals sind das später die stärksten BefürworterInnen der Veränderung, weil sie sich endlich wahrgenommen und verstanden fühlen. Der Mensch steht für uns immer an erster Stelle.

DIGITAL FUTUREmag: Ein Spezialgebiet von HumanITy ist das Kundenmanagement. Warum sind attraktive CRM-Lösungen für Ihre Auftraggeber so wichtig?

Fabian Schaub: Mein Großvater hat 1962 unsere Familien-Schreinerei gegründet und mir immer gesagt: „Wir verlassen die Baustelle aufgeräumt und anständig. Wir bleiben so lange, bis das Problem gelöst ist und übernehmen Verantwortung.“ Das steckt auch tief in der DNA der HumanITy GmbH. Kundenservice ist heute ein Differenzierungsmerkmal und ein Wettbewerbsvorteil.

Ein intelligentes CRM-System hilft allen KollegInnen dabei, zu jedem Zeitpunkt die relevanten Informationen zu einer Kundin oder einem Kunden zur Verfügung zu haben. Stellen Sie sich mal vor, dass Sie von Ihrem Lieblingsrestaurant zum Geburtstag eine handschriftliche Glückwunschkarte und zu Weihnachten eine Flasche Wein bekommen. Welches Restaurant werden Sie Ihren Freunden wohl weiterempfehlen? Selbst bei 10.000 KundInnen reden wir im Schnitt von 28 Grußkarten pro Tag. Manchmal sind es die einfachen Prozesse, die die meiste Wirkung erzielen können. Eine CRM-Lösung ist der Dreh- und Angelpunkt für die gesamte Kundenkommunikation und direkt mit dem Wachstum des Unternehmens verbunden.

DIGITAL FUTUREmag: Unternehmensentwicklung hat immer auch sehr viel mit Führung zu tun. Was bedeutet für Sie Social Leadership und wie lässt sich dies optimal intern anwenden?

Fabian Schaub: Es ist Zeit, mit den Buzzwords wie New Work, VUCA oder Scrum aufzuhören und die natürliche Power des Personals und der Social Leader zu nutzen. Social Leadership beschreibt die Fähigkeit, die natürlich bestehenden sozialen Strukturen und Potenziale innerhalb des Unternehmens zu sehen, zu verstehen und zu nutzen. Es muss nicht das nächste unnötige Framework eingeführt oder die bestehende Hierarchie verändert werden. Menschen brauchen Sicherheit in ihrer Rolle und ihrem Umfeld. Das hört sich einfacher an, als es ist. Fehlende Klarheit über die sozialen Strukturen schafft Angst und Unsicherheit.

Jedes Team hat einen Social Leader. Dieser gehört zu einem Leading Team, in dem es auch einen Social Leader gibt. Der Idealfall ist, dass die Geschäftsführerin oder der Geschäftsführer diese Rolle für das gesamte Unternehmen einnimmt. Die Aufgabe ist das Schaffen eines Umfelds, in dem sich Mitarbeitende und Führungskräfte ernstgenommen, wertgeschätzt und sicher fühlen. Starke Strukturen und der Fokus auf Frameworks sind weder menschlich noch funktionieren sie heute besonders gut. Sie sind statisch und verhindern den Flow zwischen Mitarbeitenden. Dieser kooperative. konstruktive Fluss von Kommunikation, Ressourcen, Kreativität und Mut ermöglicht die Erfüllung des unternehmerischen Zwecks. Social Leadership ist unsere Methode, diesen Flow zu stärken.

DIGITAL FUTUREmag: Digitale Lösungen und die damit verbundene Prozessoptimierung sowie Personalführung müssen Hand in Hand gehen. Welche Tipps haben Sie hier für EntscheiderInnen im Mittelstand?

Kevin Welter: Strukturiert vorzugehen ist ein absolutes Muss. Dafür ist es wichtig zu verstehen, was das Unternehmen erreichen will und welche Schritte dafür notwendig sind. Bevor wir mit einer Optimierung starten, schauen wir immer ganz genau hin, ob es überhaupt ein Problem gibt, das damit gelöst wird. In 60 % aller Projekte, in denen wir für eine Prozessoptimierung als Berater beauftragt werden, muss zuvor ein menschlicher Konflikt gelöst werden. Deshalb verbinden wir Individuum und IT. Die Empfehlung: Laden Sie Ihre Angestellten an einem Freitag zu einem ganztägigen Termin ein. Holen Sie ihnen Frühstück, machen Sie gute Musik an und fragen Sie: Was können wir besser machen? Schreiben Sie alle Ideen auf und lassen Sie auch sämtliche Kritikpunkte, Hinweise, Einschätzungen und Vorschläge zu. Oft lösen sich damit viele Probleme von alleine, denn das Wissen ist in Ihrem Unternehmen schon längst da.

DIGITAL FUTUREmag: Herr Schaub, Sie sind Autor des Buches “Wie Unternehmen Menschen entfalten können”. Was hat Sie zu dieser Veröffentlichung bewogen?

Fabian Schaub: Wir wollen bis 2035 10.000 KundInnen dabei unterstützen, ein mitarbeiterzentriertes, wirtschaftlich zukunftsfähiges Unternehmen zu entwickeln. In dem Buch habe ich meine Perspektive auf ein solches Unternehmen inklusive eines konkreten Schritt-für-Schritt-Plans zur Erreichung beschrieben. Uns ist es wichtig, Wissen zu teilen und zu helfen. Mittlerweile ist die Ausgabe Pflichtlektüre an der Hochschule der Bayerischen Wirtschaft im Studienfach Human Resources Management. Es ist uns eine Herzensangelegenheit.

DIGITAL FUTUREmag: Abschließend noch eine Frage zu Ihrem Podcast. Auch dort geht es hauptsächlich um den Aspekt Führung. Was ist für Sie die wichtigste Schnittmenge aus digitale Transformation und Führung?

Fabian Schaub: Der Podcast ist aus der Idee entstanden, spannende Unternehmerinnen und Unternehmer zu interviewen und unseren eigenen Weg zu dokumentieren. Wir wollen damit Transparenz schaffen und immer wieder Impulse setzen. Jede Veränderung beginnt bei mir selbst und meiner eigenen Haltung. Wir befinden uns mitten in der Digitalisierung, haben uns von Informatikern sowohl zu Gründern als auch Machern entwickelt und wollen dieses Know-how teilen. Uns bereitet es Freude, das Thema Digitalisierung einfach zu machen und die Menschlichkeit in den Fokus zu stellen. Wenn Unternehmerinnen und Unternehmer sich sicher fühlen, werden wir auch in 50 Jahren noch gemeinsam die Welt verändern.

DIGITAL FUTUREmag: Herzlichen Dank für dieses aufschlussreiche, inspirierende Interview.

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Website: https://www.humanity-it.com/