DMS endet nicht im eigenen Unternehmen - wieso Unternehmen ihr DMS für ihr Ökosystem öffnen müssen

DMS endet nicht im eigenen Unternehmen - wieso Unternehmen ihr DMS für ihr Ökosystem öffnen müssen

Im Interview mit Dr. Tobias Cohrs, Senior Account Manager bei EASY SOFTWARE

EASY SOFTWARE, einer der führenden deutschen ECM-Softwarehersteller, steht für automatisierte, flexible sowie revisionssichere Prozesse und Daten. Seit mehr als 30 Jahren optimiert und digitalisiert EASY dokumentenbasierte Prozesse bei Kunden weltweit. Mit dem EASY Archive gilt der Anbieter als Pionier der digitalen Archivtechnologien. Das Archiv als Kernprodukt ist bis heute der Dreh- und Angelpunkt vielseitigster Prozess- wie Datentransformation, die Unternehmen im Daily Business zu mehr Effizienz verhelfen und Geschäftsabläufe im digitalen Ökosystem erleichtern. Im Gespräch mit Dr. Tobias Cohrs fragen wir, was es genau heißt, dem gesamten Ökosystem eines Unternehmens digital zu begegnen. Was passiert, wenn Firmen ihre internen Prozesse für externe Parteien öffnen? Was sind die Herausforderungen, was die handfesten Benefits? Dr. Tobias Cohrs ist Experte für digitale Optimierung im Prozess- und Datenmanagement. Schon in seiner Dissertation beschäftigte er sich mit der Verbesserung betriebsinhärenter Kommunikationsprozesse. Mit mehr als zwanzigjähriger Vertriebserfahrung ist er in vielen Projekten der erste Ansprechpartner für die Konzeption neuer Digitalisierungsstrategien.

DIGITAL FUTUREmag: Hallo Herr Dr. Cohrs, zuallererst: Was verstehen Sie im Kontext des Dokumentenmanagementsystems (DMS) unter einem Ökosystem?

Dr. Tobias Cohrs: Das Ökosystem eines Unternehmens umfasst das gesamte Geschäftsumfeld, inklusive aller Stakeholder, die Teil des operativen Geschäfts sind. Das Managen von Dokumenten und Daten darf nicht nur organisationsintern stattfinden, sondern muss auch das externe Umfeld einschließen, das Teil des operativen Ökosystems ist. Externe Stakeholder wie Kunden oder Lieferanten müssen nahtlos in die digitalen Prozesse integriert werden. Nur so profitieren sie ebenfalls von den Effizienz- und Transparenzgewinnen, die mit Digitalisierung einhergehen.

DIGITAL FUTUREmag: Wenn Sie sagen, Unternehmen müssen ihr DMS für ihr gesamtes Ökosystem öffnen, bedeutet das im Umkehrschluss, dass viele das heute noch nicht tun. Wie sehen diese Fälle typischerweise aus?

Dr. Tobias Cohrs: Bei Digitalisierung denken viele Menschen – gerade hierzulande – immer noch an den klassischen Schritt vom Papier hin zu digitalen Dokumenten. Aber das allein ist noch keine Digitalisierung. Ein Beispiel: Herr Müller arbeitet seit 30 Jahren in der Buchhaltung desselben Unternehmens. Das Unternehmen entschließt sich nun dazu, „endlich zu digitalisieren“ und fragt Herrn Müller, was seine Ansprüche an die neuen digitalen Prozesse sind. Weil Herr Müller mit seiner Routine zufrieden und vertraut ist, schlägt er vor, denselben bewährten Prozess in die digitale Infrastruktur zu übertragen. Dieser Wunsch wird dann als Aufgabe an den DMSAnbieter weitergegeben. An dieser Stelle liegt es in der Verantwortung eines vorausschauenden DMS-Anbieters, den Blick des Kunden weiter nach vorne zu lenken und richtig zu beraten. Digitalisierung beginnt oft schrittweise oder erst in einer einzigen Abteilung, umfasst im Idealfall aber langfristig das gesamte Ökosystem. Hier sind Unternehmen also gut beraten, einem Anbieter zu vertrauen, der nicht nur die passende Software, sondern auch umfangreiche Digitalisierungsexpertise mitbringt. Zusätzlich ist es wichtig, neben den Prozesseigentümern auch die IT, prozessbeteiligte Abteilungen sowie die wichtigsten Kooperationspartner aus dem Ökosystem einzubinden. Denn ein Papierprozess, der strukturell eins zu eins digitalisiert wird, ist keine Digitalisierung – er ist nur eine Verlagerung des Mediums, von Papier auf Pixel. Und das ist meist auch noch durch die hohe Individualisierung kostspielig. Ein so umgesetzter Prozess ignoriert die vielen Chancen, die die Digitalisierung und der Einsatz digitaler Medien und Prozesse – im Arbeitsalltag richtig gedacht – wirklich bieten: Hybride, nahtlose Zusammenarbeit jederzeit an jedem Ort, elektronische Unterschriften, automatisierte Workflows zum Beispiel bei Berechtigungsprozessen, Anbindungen an verschiedenste zusätzliche Datenquellen, Dunkelbuchungen, die keine menschliche Interaktion mehr benötigen – die Liste ist lang. Um diese immensen Vorteile vollends auszureizen, müssen Unternehmen gelerntes Prozessdenken ablegen und im Idealfall sogar ein kleines bisschen visionär werden. Dazu gehört, auch externe Parteien ins digitale System zu holen und diese nicht erst dann in den Prozess einzubinden, wenn intern die Punkte A bis Z abgehandelt wurden. Solch lineares Prozessdenken ist bei einem volldigitalisierten Ökosystem überholt.

DIGITAL FUTUREmag: Wie sieht die aktuelle Situation im DMS-Markt diesbezüglich aus? Wie nutzen Unternehmen ihre DMS?

Dr. Tobias Cohrs: Anders, als viele glauben, gibt es auch 2022 noch immer unzählige Unternehmen, die komplett auf papierbasierte Prozesse setzen oder gerade erst ihren ersten Schritt in die Digitalisierung wagen. Ein paar Meter weiter gibt es Unternehmen, die seit Jahren mit zumindest intern digitalisierten Prozessen arbeiten und sich fragen: „Was ist der nächste Schritt?“ Den Gedanken „Wie binde ich auch externe Stakeholder in meine digitalen Datenprozesse ein?“, haben dabei erst wenige. Wie weit Unternehmen bei der Digitalisierung ihres Ökosystems sind, hängt allerdings auch von Branchentrends ab. Das beste Beispiel sind öffentliche Behörden, die den Ruf haben, digitale Nachzügler zu sein. Insgesamt überwiegen die Unternehmen am unteren Ende des digitalen Fortschrittsspektrums. Anbieter digitaler Lösungen tragen eine Mitschuld daran. Denn es ist ihre Aufgabe, den Kunden bereits beim ersten Aufbruch in die Digitalisierung zu vermitteln: Da gibt es noch mehr. Das digitale Zielbild im Jahr 2022 geht weit darüber hinaus, Aktenschränke aus den Büros zu verbannen. Unternehmen müssen ihr DMS für ihr gesamtes Ökosystem öffnen, um langfristig im Wettbewerb bestehen zu können.

DIGITAL FUTUREmag: Wie gelingt das konkret? Wie integrieren Unternehmen externe Parteien in ihre Prozesse und was müssen sie dabei berücksichtigen?

Dr. Tobias Cohrs: Um die Prozesse im gesamten Ökosystem nahtlos zu gestalten, braucht es entsprechende Schnittstellen, ein klar definiertes Berechtigungsmanagement sowie weitere Technologien wie E-Signaturen, die DMS-Anbieter wie EASY als Teil ihres Lösungsangebots bereitstellen. Die größere Herausforderung ist, sämtliche Anwender bei den unterschiedlichen Parteien des Ökosystems mit den verwendeten Lösungen und Prozessen vertraut zu machen. Nur Lösungen, die einfach zu nutzen und noch einfacher zu erlernen sind, stoßen auf langfristige Akzeptanz. Im Idealfall erfolgt die Lernphase bereits on-the-fly während der Implementierung – oder die neue Lösung ist per Schnittstelle unauffällig in bestehende Legacy-Systeme integriert, mit denen Nutzer bereits vertraut sind. Ein weiteres Thema, das viele Unternehmen beschäftigt, ist der Datenschutz. Was passiert mit meinen Daten, wenn ich mein DMS für mein gesamtes Ökosystem öffne? Wie schütze ich diese sicher und kann gleichzeitig vernetzt arbeiten? Die gute Nachricht: Erfahrene DMS-Anbieter wissen exakt, welche Vorkehrungen sie treffen müssen, damit Daten sicher geschützt, aufbewahrt und, wo es nötig ist, anonymisiert werden. Dennoch muss dieser Aspekt im Projekt entsprechend priorisiert werden und ist kein Selbstläufer.

DIGITAL FUTUREmag: Was sind die unmittelbaren Vorteile? Wieso sollten Unternehmen ihr DMS am besten bereits heute für ihr gesamtes Ökosystem öffnen?

Dr. Tobias Cohrs: Unterm Strich führt jedes erfolgreiche Projekt dieser Art zu immensem Zeitgewinn, Kostenersparnissen und höherer Zufriedenheit unter allen Beteiligten. Wer in einem globalisierten Markt agiert, muss rund um die Uhr für seine Kontakte erreichbar sein. Digitalisierte Prozesse sind 24/7 einsatzbereit – sogar ortsunabhängig. Letzterer Vorteil wurde besonders während der Pandemie zu einem Lebensretter für etliche Unternehmen.

Zudem erhöht jede weitere Reduktion des Papieraufwands im Unternehmen die Datenqualität. Das heißt: Wenn ich Daten und Dokumente seltener repliziere – sie seltener ausdrucke, einscanne, Kopien über Schreibtische reiche und per Post versende – dann sinkt automatisch die Komplexität des Prozesses. Durch engere Verzahnung und wenn alle stets mit denselben digitalen Originaldokumenten arbeiten, geht weniger verloren – es entsteht weniger Mehraufwand und alle Involvierten erreichen schneller ihr Ziel. Wenn es auf solche Weise einfacher wird, mit Unternehmen zu arbeiten, arbeiten ihre Kunden, Lieferanten und Mitarbeitenden gerne mit ihnen. Und mehr als je zuvor sind Unternehmen heute abhängig von ihrem Ökosystem und kooperativen Vernetzungen – egal, ob sie nun Kunde, Lieferant oder in anderen Positionen des Netzwerks sind. Das gilt nicht nur für das B2C-Umfeld, sondern ebenso für B2B. Heutzutage bewerten nicht nur Kunden ihre Lieferanten, sondern auch Lieferanten ihre Kunden. Deshalb ist es nicht nur fair, sondern ein operatives Muss für jedes erfolgreiche Unternehmen, dem gesamten Ökosystem digital die Hand zu reichen.

DIGITAL FUTUREmag: Was sind Ihrer Meinung nach die wichtigsten Schritte, die Unternehmen auf diesem Weg nehmen müssen?

Dr. Tobias Cohrs: Das A und O ist, einen Anbieter mit Erfahrung zu finden, der diese auch ins Projekt einbringt und proaktiv Perspektiven aufzeigt. Anbieter, Kunde, aber vor allem die Nutzer im Ökosystem des Kunden müssen bereit sein, alle Prozesse von Grund auf neu zu denken und sich auf den Wandel einlassen. Das Projektteam muss den Horizont der Umsetzung dabei schrittweise erweitern: Erst über Abteilungsgrenzen und dann über Unternehmensgrenzen hinaus. Dabei gilt es die nächsten Schritte immer bereits im Voraus zu planen. Mit gezielten Quick Wins in den einzelnen Schritten wachsen schon während des Projekts Verständnis und Begeisterung für die neue digitale Arbeitswelt.

DIGITAL FUTUREmag: Vielen Dank, Herr Dr. Cohrs, für diesen spannenden Beitrag!

 

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