Im Interview mit Dieter Brockmeyer, Mitgründer und Direktor Innovation des Diplomatic World Institutes in Brüssel.
Das Diplomatic World Institute (DWI), gegründet 2019, ist als eigenständige Initiative eng mit dem renommierten, vierteljährlich erscheinenden Print- und Online-Magazin Diplomatic World verbunden, welches seit der Jahrtausendwende im diplomatischen Umfeld als etabliertes Meinungsmedium agiert. Nicht nur im Raum Brüssel, sondern weit darüber hinaus. Als Schnittstelle zwischen Diplomatie, Wirtschaft und Gesellschaft nimmt das DWI eine einzigartige Position ein, mit einem besonderen Fokus auf die Förderung von Innovationskultur. In einer Zeit, in der die Bewältigung globaler Herausforderungen entscheidend ist, spielen Neuerungen eine Schlüsselrolle. Dieter Brockmeyer, bekannter Medien- und Innovationsexperte sowie Autor, steht im Zentrum dieser Bewegung. Als Chief Project Officer (CPO) von Diplomatic World und Mitgründer des DWI in der belgischen Hauptstadt ist er maßgeblich daran beteiligt, die Vision von Innovation und Wandel voranzutreiben. Seine Leidenschaft für die Umsetzung neuer Ideen zeigt sich nicht nur als Produzent des DWI-Videopodcasts „Today & Tomorrow“, sondern auch in der Kuratierung internationaler Branchen-Kongresse und der Schaffung der „Wholistic World Innovation Trophy“.
Er und das DWI reflektieren die Dynamik der heutigen technologischen Entwicklungen, von Künstlicher Intelligenz bis hin zu Quantencomputing. Dabei steht stets im Fokus, wie diese fortschrittlichen (Ver-)Änderungen unsere Wirtschaft und Gesellschaft transformieren können. Und das im Einklang mit den Zielen eines nachhaltigen Voranschreitens der Vereinten Nationen bis zum Jahr 2030.
Im folgenden Interview erhalten wir einen tieferen Einblick in die Vision und das Tun des Diplomatic World Institutes und beleuchten gleichzeitig auch die Zusammenarbeit zwischen dem DWI und dem IT-Cluster Silicon Valley Europe (SVE).
DIGITAL FUTUREmag: Als Impulsgeber haben Sie erheblich dazu beigetragen, Innovation und Wandel voranzutreiben. Wie sehen Sie die Rolle von Technologie, gerade progressiver digitaler Tools, beim Meistern weltweiter Challenges?
Dieter Brockmeyer: Innovation in Form von technischem Fortschritt und damit verbundener Wandel in allen Bereichen unserer Gesellschaft, kommen von alleine. Das eine bedingt das andere – diese Spirale beschleunigt sich immer weiter. Denken Sie etwa an KI zusammen mit Quanten Computing, was jemand recht treffend KI auf Steroiden genannt hat. Das dürfte auch noch viel tiefgreifenderen gesellschaftlichen Wandel auslösen. Schon heute fühlen sich viele davon überfordert. Menschen brauchen ihre Komfortzone, die immer mehr verloren geht. Da setzen wir ein: Als Mahner, Impulsgeber mit der Hoffnung, gemeinsam mit ähnlichen Initiativen eine Welle auszulösen, um eine, ja, neue Innovationskultur voranzubringen, die uns den Umgang mit dem Wandel erleichtert. Denn wenn wir uns dagegen stemmen, wird der Wandel uns beherrschen. Es sollte aber genau andersherum sein.
DIGITAL FUTUREmag: Das DWI hat eine Reihe von Initiativen gestartet, darunter die „Wholistic World Innovation Trophy“. Können Sie uns mehr darüber und ihre Bedeutung für die heutige Zeit sagen?
Dieter Brockmeyer: Hier geht es letztlich um zwei Aspekte: Zum Einen wollen wir helfen, dass gute Ideen, egal ob neue Technologien oder andere Projekte, die das Potential eines positiven Eindrucks auf den ganzen Planeten haben, bekannter werden. Andererseits möchten wir natürlich auch eine Diskussion über Innovation und Wandel entfachen, ganz im Sinne der eben umrissenen Agenda. Dabei haben wir ganz bewusst einen ganzheitlichen Ansatz gewählt. Denn alles, was wir in einem bestimmten Bereich tun, hat Einfluss auf andere Bereiche. Aber wir tun uns schwer mit einem solchen vernetzten Denken. Darauf sind wir einfach nicht eingestellt. Wir haben den Award inzwischen bereits zum dritten Mal in Barcelona verliehen: 2021 an „Indigital Edutech“ aus Sydney, die indigenen Kids an Virtual Reality heranbringen und damit eine berufliche Perspektive geben, ein Jahr später an das in London beheimatete „What3Words“, die die Logistik revolutionieren und im letzten November an „MCi Carbon“ in Canberra, die CO2 aus der Atmosphäre in Stein als Grundlage für Baumaterialen umwandeln. Sie sehen, es ist ein sehr diverses Feld. Ich danke allen, die sich für die Verwirklichung dieser Idee engagiert haben, vor allem unserer global zusammengesetzten Jury, die wirklich jedes Mal großartig arbeitet. Aber auch unseren akademischen Partner, die „Freie Universität Brüssel“, unseren Kongresspartner in Barcelona, „D4a“ sowie die international anerkannte Künstlerin Ulrike Bolenz, die immer wunderbare individuelle Objekte für die Preisträger kreiert, muss ich hier nennen.
DIGITAL FUTUREmag: In Ihren Büchern „Pandemias Box“ und „CAMPUS“ erläutern Sie die Auswirkungen technologischer Innovationen auf unsere Gesellschaft. Welche Rolle spielen dabei ethische Überlegungen und wie können wir sicherstellen, dass solche Neuschöpfungen zum Wohle aller eingesetzt werden?
Dieter Brockmeyer: Sicherstellen können wir leider gar nichts. Jede neue Technologie kann immer sowohl als auch eingesetzt werden. Wir müssen jedes Mal neu als Gesellschaft den Einsatz lenken. Man muss sehr bewusst damit umgehen, denn wenn wir eine neue Technologie ignorieren, dann wird ein anderer sie für sich einsetzen und uns dann am Ende diktieren, wie wir sie einzusetzen haben. Das hat mit unserem Mindset zu tun. In den 1950ern gab es einen unendlichen Technologieoptimismus. Da wollte man selbst PKWs atomar antreiben. Technik galt als Lösung für alles, aber es gab natürlich auch viel Unsinn. Dieser Optimismus aber ist uns verloren gegangen und heute stellt man häufig nur die negativen möglichen Folgen in den Vordergrund, gerade hier in Deutschland. „German Angst“ hat sich international als Begriff etabliert. Dabei können alle Technologien helfen, Probleme zu lösen – wenn man sie richtig einsetzt. In „Pandemias Box“, das im ersten Corona-Jahr aus einem Whitepaper zu den Hintergründen des Awards entstanden ist, habe ich versucht Zusammenhänge weltweit zu analysieren, während ich in CAMPUS, welches in Kürze, zunächst nur auf Englisch, verfügbar sein wird, versuche, eine Diskussion um Lösungsansätze anzustoßen.
DIGITAL FUTUREmag: In Ihrem DWI-Videopodcastformat „Today & Tomorrow“ beschäftigen Sie sich intensiv mit den Tech-Trends der Zukunft. Welche halten Sie für besonders vielversprechend und wie könnten sie unser Leben demnächst verändern?
Dieter Brockmeyer: Das ist genau die Diskussion, die ich in dem Podcast gemeinsam mit dem Digitalisierungsexperten Sanjay Sauldie und dem Innovation Profiler Alexander Pinker diskutiere, gelegentlich auch mit einem weiteren Gast. Alle neuen Technologien greifen irgendwie ineinander und treiben gemeinsam den Wandel voran. Bald wird es keine Tätigkeit mehr geben, wo nicht KI im Hintergrund wirkt und alle unsere Transaktionen werden auf einer Blockchain gespeichert und verifiziert. Wir werden je nach Bedarf von der Realität ins Metaverse wechseln. Wobei Letzteres noch etwas länger braucht, bis das ohne Technologiebruch und mit vollwertigem Erleben funktioniert. Aber auch diese Entwicklung wird möglicherweise bald durch das Quantencomputing enorm beschleunigt. Dabei wissen wir nur, dass es Auswirkungen haben wird. Welche genau oder wann, das ist im Dunkeln. Das macht Prognosen in diesem Bereich so schwierig.
DIGITAL FUTUREmag: Die Agenda 2030 der UN setzt ehrgeizige Ziele für eine nachhaltige Entwicklung. Wie kann die Technologie dazu beitragen, diese Soll-Zustände zu erreichen und was können internationale Kooperationen dabei bewirken?
Dieter Brockmeyer: Unsere aktuellen Probleme sind alle so groß, dass sie nur über Grenzen hinweg und in gemeinsamer Anstrengung gelöst werden können. Von daher ist die UN-Initiative richtig. Leider geht die Stimmung weltweit schon seit einiger Zeit in die andere Richtung und ist der Grund, dass das Zieljahr 2030 ziemlich sicher nicht mehr eingehalten wird. Unsere Gesellschaft wird egoistischer. Toleranz und Respekt gelten nur noch, wenn sie mir selbst entgegengebracht werden. Hier müssen wir dringend gegensteuern.
DIGITAL FUTUREmag: Welche Vorteile, Kompetenzen oder Angebote können und möchten Sie insbesondere als neues Silicon Valley Europe-Mitglied zugunsten der an dieser länderübergreifenden Community Plattform beteiligten IT-Anbieter und -Anwender einbringen?
Dieter Brockmeyer: Silicon Valley und Deutschland schienen lange nicht wirklich kompatible Begriffe zu sein, obwohl es hier ja genügend Talente gab und immer noch gibt. Und wie gesagt, länderübergreifende Communities sind der richtige Ansatz, um unsere umfassenden Probleme anzugehen. Für uns ist das eine ideale Plattform, um Anregungen zu bekommen, aber auch um Impulse zu geben. Ich freue mich daher auf einen lebhaften Austausch, der hoffentlich in das eine oder andere Projekt oder den einen oder anderen Lösungsansatz münden wird.
DIGITAL FUTUREmag: Zum Schluss möchten wir gerne noch von Ihnen persönlich wissen, was sich ändern muss, damit Diplomatie und Technologie besser zusammen funktionieren?
Dieter Brockmeyer: Wir müssen überall auf der Welt wieder zu echter Toleranz, Respekt vor anderen Meinungen und Kompromissbereitschaft über Blöcke hinweg zurückfinden. Das wird noch einige Zeit dauern. Aber, das zeigt die Geschichte, irgendwann wird es wieder so sein. Bis dahin müssen wir alle dafür arbeiten, dass der Preis dafür nicht zu hoch wird.
DIGITAL FUTUREmag: Besten Dank, das macht Mut und wir freuen uns auf eine gute Partnerschaft.