Im Interview mit Dr. Rafael Arto-Haumacher, Country Manager der ESKER Software Entwicklungs- und Vertriebs-GmbH, einem der führenden Anbieter für Automatisierungslösungen im Bereich Order-to-Cash (O2C)- und Procure-to-Pay (P2P)-Lösungen
Esker bietet eine globale Cloud-Plattform zur Automatisierung von Dokumentenprozessen und unterstützt Finanz- und Kundendienstabteilungen bei der digitalen Transformation in den Bereichen Order-to-Cash (O2C) und Procure-to-Pay (P2P). Die Lösungen von Esker werden weltweit eingesetzt und beinhalten Technologien wie künstliche Intelligenz (KI), um die Produktivität und Transparenz im Unternehmen zu erhöhen. Zugleich wird damit die Zusammenarbeit von Kunden, Lieferanten und Mitarbeitenden gestärkt. Esker verfügt über Niederlassungen in Nord- und Lateinamerika, Europa und im Asien-Pazifik-Raum, wobei sich die deutschen Standorte in Feldkirchen/München und Ratingen befinden.
Das in Frankreich börsennotierte Unternehmen erwirtschaftete im Jahr 2020 einen Umsatz von 112 Millionen Euro, zwei Drittel davon außerhalb Frankreichs. Mit Dr. Rafael Arto-Haumacher sprechen wir heute über die Automatisierung von Geschäftsprozessen, die Rolle künstlicher Intelligenz in der Digitalisierung, Multi-ERP-Anwendungen und die Zukunft von cloud-basierten Lösungen.
DIGITAL FUTUREmag: Herr Dr. Arto-Haumacher, Ihr Unternehmen hat sich eindeutig darauf spezialisiert, die Kunden- und Lieferantenbeziehungen zu optimieren und dadurch eine neue Art der Zusammenarbeit zu etablieren. Für welche KundInnen steckt in diesem Schritt hin zur Automatisierung sensibler Geschäftsprozesse der größte Nutzen?
Dr. Rafael Arto-Haumacher: Die Kunden- und Lieferantenbeziehungen stellen wir ganz klar in den Mittelpunkt unseres Business. Die Cloud-Plattform von Esker ermöglicht Unternehmen jeder Größe und Branche, positives Wachstum zu erzielen - in einer Zeit, in der nachhaltiger Geschäftserfolg davon abhängt. Unser Ziel mit unseren KundInnen ist es, sie dabei zu unterstützen, ein zukunftssicheres Unternehmen zu werden. Widerstandsfähigkeit ist das A und O. Mit Esker haben unsere KundInnen die Werkzeuge, um sich problemlos an Veränderungen anzupassen, Risiken zu prognostizieren und Schwankungen zu meistern. Dabei ist es von Bedeutung, nicht nur das reine Geschäft im Auge zu behalten, sondern die ganze Geschäftsumgebung zu pflegen. Esker ermöglicht ein Ökosystem, in dem Firmen, ihre Kunden und Lieferanten gemeinsam Werte schaffen - und nicht auf Kosten des anderen. Menschen stehen dabei im Fokus – insbesondere die MitarbeiterInnen. Mit unseren Automatisierungslösungen wird das Personal entlastet. Esker verschafft P2P- und O2C-Teams die Möglichkeit für strategische und interessantere Aufgaben, welche die Motivation und das Wohlbefinden am Arbeitsplatz verbessern.
DIGITAL FUTUREmag: Order-to-Cash (O2C) und Procure-to-Pay (P2P) sind für einige LeserInnen vielleicht noch Neuland. Können Sie uns hier die wesentlichen Unterschiede kurz erläutern und gleichzeitig eine Empfehlung aussprechen, mit welchem der beiden Zyklen ein Unternehmen am besten beginnt?
Dr. Rafael Arto-Haumacher: Wir betrachten bei Esker die anfallenden Geschäftsprozesse mit einer 360 Grad-Sicht. Durch die ganzheitliche Betrachtung setzen unsere KI-basierten Automatisierungslösungen an den zwei großen Zyklen „Order-to-Cash“ (O2C) sowie „Procure-to-Pay“ (P2P) an. Order-to-Cash definiert den Prozess von der Bestellung bis zur Zahlung und beinhaltet sämtliche Schritte, die von Auftrags- bis Zahlungseingang durchlaufen werden. Der Procure-to-Pay-Zyklus meint die Prozesse vom Einkauf bis zur Bezahlung und umfasst alle Abläufe im Unternehmen, die von der Beschaffung bis zum Bezahlen einer Rechnung abgewickelt werden. Unserer Erfahrung nach starten die KundInnen mit der Automatisierung eines Teilprozesses, z.B. dem Rechnungseingang und weiten die Anwendung dann aus. Mit welchem Geschäftsprozess begonnen wird, hängt stark von der Industrie, dem Geschäftsmodell sowie den vorhandenen (meist manuellen) Arbeitsabläufen ab. Unsere Empfehlung lautet: Trauen Sie sich zu automatisieren und wählen Sie den Prozess aus, der den größten Hemmschuh darstellt, das heißt wo Arbeits- und Zeitaufwand hoch und die Fehleranfälligkeit groß sind.
DIGITAL FUTUREmag: In Deutschland tun sich viele, nicht nur mittelständische Unternehmen, schwer damit, bestehende Prozessabläufe konsequent und durchgängig zu digitalisieren. Viele scheitern sogar damit. Auf welche Befürchtungen stoßen Sie in der Regel, wenn es um die Einführung von Automatisierungslösungen für Order-to-Cash (O2C)- oder Procure-to-Pay (P2P)-Prozesse geht?
Dr. Rafael Arto-Haumacher: In unseren aktuellen Trendstudien „Trendstudie Debitorenbuchhaltung/Rechnungsausgang 2021“ und „Trendstudie Automatisierung der Auftragsverarbeitung 2020“ wurden wir positiv darin bestätigt, dass hohe Automatisierungsgrade in den einzelnen Prozessen vorhanden sind. Viele Unternehmen sind hier schon sehr weit. Aber: Es scheint so, dass es nach wie vor viele Optimierungspotentiale gibt. Oftmals werden etwa im Rechnungsausgang nur bestimmte Kanäle automatisiert, beispielsweise als elektronischer Datenaustausch mit bestimmten KundInnen. Für andere Kanäle, unter anderem beim postalischen oder PDF-Versand, sind die Automatisierungsquoten geringer und die Prozesse damit potenziell fehleranfälliger. Eine spezialisierte Automatisierungslösung hilft, die Daten aus den verschiedenen Kanälen zu konsolidieren und verschafft Firmen einen besseren Überblick.
Im Bereich der Auftragsverarbeitung geben viele Unternehmen an, dass die Automatisierung intern technisch bzw. organisatorisch nicht möglich ist, dass die Automatisierung zu komplex sei oder dass es an Know-how im Unternehmen fehlt. Oftmals liegt diesen Argumenten ein Bauchgefühl, eine subjektive Wahrnehmung zugrunde. Prinzipiell geht es auch nicht darum, eine 100 %-ige Vollautomatisierung zu erreichen. Selbst bei komplexen Auftragsprozessen - viele verschiedene Vertriebsbereiche, konfigurierbare Produkte, Konsignationsbestellungen usw. - ist zumindest eine Teilautomatisierung und damit eine Effizienzsteigerung möglich. Wenn das betriebliche Know-how fehlt, existieren ExpertInnen, die den Unternehmen helfen können. Es sollte also eigentlich keine Hindernisse geben, die Automatisierung in diesem Bereich ernsthaft anzugehen. Wichtig ist dabei eine realistische Herangehensweise, die in der Mitte der Haltungen „Automatisierung ist nicht möglich“ und „Alle Aufträge sollen vollautomatisiert ohne jegliche menschliche Prüfung verarbeitet werden“ liegt.
DIGITAL FUTUREmag: Künstliche Intelligenz steckt mittlerweile in vielen Software-Elementen, ohne dass wir es als User mitbekommen. Welche Rolle spielt KI und das verbundene RPA in Ihren Lösungen? Und wohin geht hier die Reise?
Dr. Rafael Arto-Haumacher: Die cloud-basierten Lösungen von Esker basieren auf einer Vielzahl unterschiedlicher Technologien, wobei kognitive Methoden, wie Künstliche Intelligenz (KI), Robotic Process Automation (RPA) und Prozessautomatisierung die "Schwergewichte" darstellen. Diese Technologien sind darauf ausgelegt, manuelle Verwaltungsaufgaben zu reduzieren, die Geschwindigkeit und Genauigkeit zu erhöhen und die Gesamtqualität der von Unternehmen verarbeiteten Daten und Dokumente zu verbessern. Eskers KI-Engine basiert auf diesen Technologien, die menschliche Intelligenz nachahmen - und kombiniert Prozessautomatisierung, maschinelles Lernen und Deep Learning, um strukturierte und unstrukturierte Daten aus den komplexesten Geschäftsprozessen zu verwalten und zu analysieren. Esker baut seine Kernkompetenzen mit Hilfe der KI-Engine in den Bereichen Datenerkennung, Dokumentenklassifizierung, prädiktive und präskriptive Analytik immer weiter aus.
DIGITAL FUTUREmag: In vielen, insbesondere auch internationalen Unternehmen kommen oft Multi-ERP-Umgebungen zur Anwendung. Worin besteht hier mit Ihrem Ansatz der besondere Vorteil?
Dr. Rafael Arto-Haumacher: Die Esker ERP Connectivity Suite macht weltweites Prozessmanagement einfach. Durch die Integration mit jedem ERP-System und die gleichzeitige Verknüpfung mit mehreren ERPs ermöglicht Esker nicht nur die Digitalisierung manueller Aufgaben in allen Abteilungen, sondern sorgt auch für eine schnelle Bereitstellung und einen Mehrwert für Kunden, deren MitarbeiterInnen und Lieferanten. Unabhängig davon, ob SAP, Oracle, Microsoft, ein anderes ERP oder eine Kombination aus mehreren ERPs verwendet wird, Esker lässt sich nahtlos in die ERP-Anwendungen integrieren, ohne dass zusätzliche Hardware oder Software erforderlich ist oder die aktuelle ERP-Infrastruktur gestört wird. Esker bietet flexible Integrationsoptionen über den Austausch von Flat-Files über sichere Verbindungen und Webservices oder APIs. Die Workflow-Funktionen von Esker arbeiten unabhängig von der ERP-Anwendung und geben Unternehmen die Flexibilität, sich zu verbinden, wann sie wollen, wie sie wollen und mit welchem System sie wollen.
DIGITAL FUTUREmag: Mit Ihrer Software setzen Sie ausschließlich auf die Cloud. Eine On-Premise-Lösung ist oft dann gut geeignet, wenn viele Prozesse angebunden werden müssen. Ist dies nicht bei vielen größeren Unternehmen genau der Fall?
Dr. Rafael Arto-Haumacher: Gerade für globale, agile Geschäftsprozesse liegt das Potenzial in der Cloud. Die integrierte Cloud-Plattform von Esker bietet verschiedene Möglichkeiten zur Automatisierung komplexer Geschäftsprozesse über mehrere Abteilungen und Standorte hinweg. Die globale Skalierbarkeit ist hier der entscheidende Wettbewerbsvorteil, den Unternehmen nutzen sollten. Das weltweite Esker-Netzwerk aus Rechen- und Produktions-Centern gewährleistet die Sicherheit, Flexibilität und das hohe Leistungspotential, das moderne Unternehmen erwarten, auch um Prozesskapazitäten zu erhöhen, ohne die Produktion zu beeinträchtigen. Durch Compliance, gepaart mit Sicherheit und Zuverlässigkeit, unterstützt Esker die KundInnen bei der Erreichung ihrer regulatorischen und geschäftspolitischen Ziele.
DIGITAL FUTUREmag: Lassen Sie uns abschließend noch einmal auf die Verbesserung des Cashflows durch den Einsatz Ihrer Lösungen eingehen. Worin besteht hier der größte Benefit?
Dr. Rafael Arto-Haumacher: Nehmen wir als Beispiel die Prozesse in der Debitorenbuchhaltung: Sie sollten als Ganzes betrachtet werden! Vom Kunden-Onboarding und dem Kreditmanagement, über den Rechnungsversand und die Zahlung, bis hin zum Forderungsmanagement und der Zuordnung der eingehenden Zahlungen. Aus jenen einzelnen Aspekten sollte ein konsistenter, transparenter Prozess entstehen. Zwischen all diesen Prozessen bestehen Zusammenhänge, deren Erkennung für Unternehmen entscheidend ist. Eine konsolidierte Betrachtung führt nicht nur zur größtmöglichen Transparenz, sondern auch zu mehr Effizienz bei der Realisierung von Umsätzen und der Optimierung des Cashflows, weil man eine viel größere Durchsichtigkeit und Steuermöglichkeit über Eingangs- und Ausgangszahlungen hat. Im Endeffekt profitieren alle Beteiligten, denn auch die Zufriedenheit der eigenen Mitarbeitenden und der KundInnen wird positiv beeinflusst.
DIGITAL FUTUREmag: Ich bedanke mich bei Ihnen für dieses wirklich spannende Interview und bin sehr davon überzeugt, dass wir in Zukunft noch mehr von Ihrem Unternehmen hören werden.
Das Interview führte Michael Mattis, Herausgeber des DIGITAL FUTUREmag und Veranstalter des DIGITAL FUTUREcongress.